Den Alpenhauptkamm haben dieWanderer bisher nur selten betreten. Weil er so hochalpin ist und Kletterei fordert? Nicht unbedingt – auch dort finden sich herrliche Wege, die keine Kletterei verlangen. Der eigentliche Grund ist eher die Entfernung: Für uns liegt er am entgegengesetzten Ende Südtirols. Deshalb steuern wir heute das Pflerschtal an. Allzu deftig soll die Bergtour aber nicht ausfallen, denn meine Knie sind ein Wackelfaktor. Als Ziel erküren wir daher keinen Gipfel, sondern „nur“ eine Schutzhütte: die Tribulaunhütte unter dem Pflerscher Tribulaun.
Die Tribulaun Hütte auf 2369 m ü. d. M.
Obwohl Pflersch für uns Traminer am anderen Ende Südtirols liegt, sind wir dank der Brennerautobahn überraschend schnell dort – und auch dank unserer Taktik, den Ferragosto-Feiertag kurzerhand um einen Tag zu verschieben. Ein Südtiroler weiß schließlich, wann er die Autobahn besser meiden sollte.
Mit dem Fahrrad von Tramin hinauf zum Grauner Joch und vielleicht noch weiter über den Mendelkamm zum Schwarzen Kopf oder gar zum Roen, geht das?
Mit einem voll aufgeladenen E-Bike auf jeden Fall, mit einem nur teilweise aufgeladenen vielleicht, mit einem Mountainbike ohne Elektroantrieb nur für geübte und fitte Bergradler.
Dieser Ausblick wird mich erwarten: Weiße Risen, Altenburg, St. Josef am See und Kalterer See, Kalterersee
Von Tramin hinauf nach Graun radeln
Zur letzten Kategorie gehöre ich nicht und da der Akku heute nicht ganz voll ist, radle ich nun mit gemischten Gefühlen durch das Höllental hinauf zum Zoggler Forstweg. Akkusparen ist angesagt. Leichter gesagt als getan. Vorbei am Schloss Rechtenthal, am Moserhof geht es die zwar asphaltierte, aber sehr steile Nebenstraße hinauf zum Psenner-Hof. Trotz Unterstützungsstufe 1 und 2 komme ich ganz schön ins Schwitzen. Ab dem Psenner Hof radle ich auf Schotter weiter und erreiche nach 300 Höhenmetern den erwähnten Zoggler Forstweg. Diesen würde ich zwar auch ohne elektrische Unterstützung schaffen und könnte somit Akku sparen, aber da ich noch nie mit dem Rad auf das Grauner Joch gefahren bin und daher andauernden Tretwiderstand nur schwer einschätzen kann, muss ich zusätzlich zur Akkuladung auch mit meinen Kraftreserven haushalten. Die elektrische Unterstützung bleibt darum aktiv. Und sollte der Akku zur Neige gehen, kann ich immer noch umkehren, so mein Gedanke.
11.45 Uhr, allein zu Hause, Hunger! Auswärts essen wäre toll. Am liebsten auf einer Alm. Wo ist denn die nächste? Klar, die Cisloner Alm. Zumindest, wenn man die Strecke von Tramin bis zur Alm mit dem Fahrrad zurücklegt.
Cisloner Alm
Also auf geht’s. Von Tramin über den Radweg nach Neumarkt, über die neue Etschbrücke und dann rechts der Etsch entlang bis zum Fuß von Castelfeder.
Ich wache auf. Das Bett fremd, das Zimmer holzvertäfelt, seltsam. Ich hebe den Kopf, ein Blick aus dem Fenster. Berge unter funkelndem Sternenhimmel! Mächtige Berge. Das ist doch der Rosengarten!
Bin ich nicht aufgewacht? Träume ich? Was ist los?
Ich lasse mich ins Kissen fallen.
Müde beginnen meine Gedanken in der Nacht nach Halt zu suchen. Die letzten Stunden wollen rekonstruiert werden: Schlernhaus! Die Erinnerung lüftet den Schleier der Verwirrung.
Aufstieg über die Rosszähne
Gestern sind Anna, die beste Ehefrau von allen und ich von der Seiser Alm, vom Parkplatz P2, aufgebrochen. Wir waren mit zwei Rucksäcken bepackt, Anna durfte ohne Gepäck gehen. Von der wunderschönen Seiser Alm wanderten wir über das Ladinser Moos und den Grunserbühl zu den Rosszähnen und hinauf zur Rosszahnscharte.
Die Seiser Alm kennt Anna vor allem vom Skifahren. Das größte Almplateau Europas ist sozusagen unser Wintersport-Hausberg. Da die beste Mami von allen beim Skifahren nie dabei ist, unterhielt Anna sie mit Geschichten über ihre Skierlebnisse und erklärte ihr alle Pisten. Und das, obwohl die beste Mami von allen morgens wegen eines Missverständnisses keinen Kaffee bekommen hatte und wegen Entzugserscheinungen mit Kopfschmerzen kämpfte.
Die Wanderung über die grüne Seiser Alm war angenehm und bildgewaltig, während der Aufstieg zur Rosszahnscharte erwartungsgemäß anstrengend verlief. Aber wider Erwarten nur für uns zwei Erwachsene. Anna stieg ohne ein einziges „Sind wir bald da?“ hinauf, ja, sie machte sogar Tempo, indem sie teilweise vorauslief.
Auf der Rosszahnscharte angekommen lagen die anstrengendsten Höhenmeter hinter uns. Wir hielten uns nur kurz auf, um einerseits den Blick nach Westen auf den Schlern mit den Paarlspitzen (= alter Name für die Schlernzacken Saltner und Euringer) sowie auf die Seiser Alm und andererseits nach Osten zur Langkofelgruppe, hinunter ins Durontal und zum Rosengarten zu genießen. Dann folgte der wenige Minuten dauernde Abstieg zur Tierser Alpl-Hütte, die wir bereits um 10.45 Uhr erreichten.
Rot-weiße Fahnen wehen heute an den Südtiroler Fahnenmasten. Hmm… Herz-Jesu ist erst nächste Woche. Es kann doch nicht sein, dass die Traminer zum Tag der Republik die Tiroler Fahne hissen? Ich schwinge mich aufs Rad und fahre hinunter ins Dorf. Ab der Mitte der Hans-Feur-Straße ist Schluss. Straße gesperrt. Vor der Kirche warten Musikanten. Ach, Fronleichnamssonntag und somit Tag der folkloristischen Prozessionen in Südtirols Dörfern.
Die mit Fahnen geschmückte Hans-Feur-Straße in Tramin
Staudenschmuck in der Karl-Anrather-Straße von Margreid
Entlang des Fenner Baches führt die Fronleichnamsprozession zur Margreider Pfarrkirche
Ich will mich schon zum Warten abschicken, da schießt es mir durch den Kopf: die Traminer Fronleichnamsprozession kennst du eh schon. Wie wäre es mit einer Prozession in einem anderen Dorf?
Gedacht, getan! Über den Choleraweg, den Brentalweg und schließlich entlang des großen Grabens trete ich flugs hinunter nach Margreid.
Hohe Wilde bzw. Hochwilde so heißt der Berg, den wir bezwingen wollen. Ich bin heute mit dem Armin und dem Andreas unterwegs. „Hoch“ das ist korrekt, auch „wild“ kann ich zustimmen, nur fehlt noch das Attribut „gefährlich“. In Gedanken taufe ich die Hohe Wilde in Gefährliche Wilde um. Nein, nicht die Drahtseilpassagen machen mich nervös, es sind die Stellen, die keine Versicherung aufweisen. Bei jeder nicht versicherten Schwierigkeit ertappe ich mich bei Gedankengängen à la „Rauf geht ja noch, wie komme ich da in aller Herrgottsnamen bloß wieder runter?“. Zu allem Überfluss schleichen sich Muskelkrämpfe im Musculus adductor magnus ein. Das ist komisch, denn ein 300.000-Höhenmeter-pro-Jahr-Mensch sollte bei dieser kurzen – wir sind von der Eisjöchlhütte gestartet – Bergtour nicht trainingsassoziierte Muskelkrämpfe bekommen. Ich schiebe es auf eine Kombination von Medikamente, die ich letztens eingenommen habe, der hohen Temperatur und dem Schlafmangel in der Nacht. Vielleicht trägt auch der schwere Rucksack und die hohen Felsstufen eine Mitschuld. Anderseits, die 11 kg am Rücken bin ich gewohnt. Verdammt ich merke Bergsteigen ist nicht gleich Wandern! Doch das Schlimmste ist der Respekt den mit die Hohe Wilde einflößt. Dann der alles entscheidende Gedanke: „Du willst deine Kleine schon noch aufwachsen sehen!“ Bum, Aus, Schluss!
Blick über die beiden Gipfel der Hochwilde (3.482 m). Rechts der Gletscher Langtaler Ferner und links der Gurgler Ferner.
Der Berg hat gewonnen! Ich gehe vor seiner Mächtigkeit in die Knie!
Der Kronplatz ist für mich kein Unbekannter. Hat er mir doch unzählige Male als Ski Berg und – ja auch das – als Après-Ski Destination gedient. Doch als Wanderberg ist er mir ein Neuling. Bis heute habe ich ihn verschmäht. Ich mag Skiberge nicht so gerne erwandern. Zuviel Zivilisationsinfrastruktur. Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Im Winter liebe ich Umlaufbahnen und Seilbahnen, doch im Sommer wäre es mir lieber man könnte sie im Boden versenken. Ja so bin ich eben. Immer was zu meckern.
Was mich heute trotzdem auf den Kronplatz hinauf zieht? Einerseits das Messner Mountain Museum MMM Corones und zwar seine besondere Architektur, für welche die Stararchitektin Zaha Hadid gezeichnet hat und die Möglichkeit nach einem deftigen Aufstieg ins idyllische Gadertal absteigen zu können.
Messner Mountain Museum MMM Corones auf dem Plan de Corones
Wie so oft bin ich mit dem Andreas unterwegs. Das ist wunderbar, denn der Andreas ist wandertechnisch pflegeleicht. Wenn die Strecke mal ein wenig länger wird, macht ihm das nichts aus.
Es ist 09.15 Uhr. Wir stehen in Reischach, bei der Talstation der berüchtigten Silvester-. Auf geht’s. Mal schauen, wie der wandertechnische Aufstieg sein wird. Die Abfahrt mit dem Snowboard über die schwarze Silvester-Skipiste Piste (4,9 km, 1.296 Höhenmeter) habe ich nämlich als kein Honigschlecken in Erinnerung!
Irgendwann im Leben eines jeden Südtirolers kommt der Tag, an dem er seiner „heilige“ Pflicht, die ihm mit der Geburt in die Wiege gelegt wurde, nachzukommen hat. Es gilt dem König Ehrerbietung zu erweisen. Heute ist für uns dieser Tag. König Ortler hat gerufen, wir – haben uns zu verneigen. Mit gebührenden Respekt, mit angebrachten Abstand versteht sich von selbst. König Ortler will in seiner gesamten Pracht bewundert werden. So soll es sein, so wird es gemacht.
Gletscherkönig Ortler
Der Aussichtsberg Piz Chavalatsch wird uns dabei assistieren. Ein Grenzberg zwischen der Schweiz und Italien, ein perfekter Standpunkt für eine tiefe Verneigung vor dem höchsten Berg Tirols und gleichzeitig ein traumhafter Panoramapunkt für Blicke in den Vinschgau bis hinauf zum Reschensee und hinein ins Münstertal, welches sich im schweizerische Münstair fortsetzt.
Abendstimmung am Gardasee bei Malcesine unter dem Monte Baldo.“ width=“672″ height=“445
Gespannt warten wir – der Andreas und ich – auf die Kabine der Malcesine – Monte Baldo Seilbahn. Sie soll nämlich ein einzigartiges Highlight sein, sich während der Fahrt drehen und somit dem Gardasee-Wanderer ein herrliches Rundumpanorama bieten.
Wir sind gerade erst in Malcesine am Gardasee angekommen und haben unser Auto unter der futuristischen Station der Seilbahn geparkt. Jetzt möchten wir hinauf auf den Monte Baldo (1.670 m) um dann, ohne viele Höhenmeter überwinden zu müssen, zur Punta Telegrafo (2.184 m) hinüber zu wandern.
Es stellt sich heraus, dass die Seilbahn Monte Baldo in zwei Abschnitte unterteilt ist. Die erste, riesige Seilbahn mit 1.512 m Länge und 463 m Höhenunterschied bringt uns von Malcesine hinauf zur Fraktion S. Michele und begeistert dabei mit Tiefblicken hinunter nach Malcesine und natürlich zum Gardasee. Dann heißt es umsteigen in die erwartete drehbare Panoramakabine der zweiten Seilbahn, welche uns mit 2.813 m Länge, 1.187 m Höhenunterschied und einer vollen 360° Drehung hinauf auf den Monte Baldo bringt
Tofana di Mezzo – Ra Valles“ width=“672″ height=“445
Dolomiten Urlaub, fünfter Ferientag. Einen Dreitausender möchte ich heuer schon noch gerne in meinem Wanderblog eintragen. Darum haben wir schon seit Tagen unsere Cortina d’Ampezzo Kompass Wanderkarte konsultiert. Das Dreigestirn der Tofane: Tofana di Rozes (3.225 m), Tofana di Mezzo (3.244 m) und Tofana di Dentro (3.238 m) würde mit jedem seiner Gipfel einen Dreitausender bieten. Leider sind auf unserer Wanderkarte sehr viele Klettersteige eingezeichnet, was die beste Ehefrau von allen zu einem absoluten Veto veranlasst.
Auf dem Karnischen Höhenweg: Blick auf die Sextner Dolomiten mit der Sextner Sonnenuhr
Dritter Ferientag im Wanderurlaub. Sechs Uhr in der Früh. Die beste Ehefrau von allen schaut aus dem Fenster: Schlechtwetter. „Na, glab i nit. Sein sichr lei Nebelfelder.“ Nach einem ausgiebigen Frühstück stehen wir um 9.30 Uhr bei vermeintlich Schlechtwetter vor der Helmbahn. Außer uns gibt es nur noch 5 weitere Fahrgäste, so ist die riesige Kabine der Helm-Seilbahn fast leer.
Meter um Meter geht es höher hinaus und Meter um Meter wird der Nebel dichter. Plötzlich, herrlicher Sonnenschein. Ich hatte Recht. Bloß ein Nebelfeld, welches sich über das Sextner Tal gelegt hat. Gewaltig schön der Anblick der Sextner Dolomiten, die aus dem Nebelfeld herausstechen. Interessant der Anblick des Pustertals mit dem weißen Schleier darauf. Wir sind geradezu froh, dass es gestern geregnet hat, sonst könnten wir diesen wunderbaren Anblick heute nicht genießen.
Auf dem Dach der (unserer) Welt steht das Becherhaus. 3.195 m Meereshöhe, die höchst gelegene Schutzhütte Südtirols. Für jeden Südtiroler Wanderer eine Königstour, denn es gilt gute 1.800 Höhenmeter zu bezwingen, aufgeteilt auf eine Strecke von 13 Kilometern.
Die meisten Becherhaus Besucher bestreiten am Samstag den Aufstieg, übernachten im Becherhaus (ital. Rifugio G. Biasi al Bicchiere) und treten am Sonntag den Abstieg an.
Die beste Ehefrau von allen wollte gestern arbeiten. Ich hatte mir eine kurze Bergtour von Fennberg über den Sattelsteig zum Tresner Horn (Corno di Tres) gegönnt. Die Entscheidung, dass wir zur höchsten Schutzhütte Südtirols, zum Becherhaus, wollen somit erst gestern Abend um 22.30 Uhr gefallen.
Um 4 Uhr in der Früh sind wir aufgestanden, über die Brennerautobahn bis nach Sterzing gefahren, dort links ins Ridnauntal abgebogen und bis zum Talschluss, nach Maiern gefahren.
Gerade eben haben wir unser Auto direkt vor dem Bergbaumuseum Schneeberg abgestellt und nun stehen wir vor einem Wanderschild: 6 Stunden, 10 Minuten. Oha, irgendetwas scheint da mit meiner Planung nicht zu stimmen. Ich hatte nämlich 4 Stunden ermittelt. Entweder ich habe bei der Planung einen falschen Startpunkt gesetzt oder die Rindnauner geben die Wanderzeit lieber etwas großzügig an… Wir hoffen natürlich letzteres…