Wieder ein Wetterbericht der nichts Gutes – ok ist Ansichtssache – verspricht. Wieder ist eine Wanderrunde gefragt, die keiner langen Anreise bedarf.
„Eislöcher, Eislöcher!“, jauchzt Anna.
Ich entgegne: „Jo, obr zem worsch jo schun amol.“
Anna: „Isch gleich, i bsin mi eh nimmer!“
Ok, dann Eislöcher. Um die Wanderung zum einmaligen Naturspektakel ein wenig von der letzten Eislöcher-Wanderung abzuändern, fahren wir über die Kalterer Höhe nach Matschatsch und parken am Parkplatz vor dem gleichnamigen Schloss.
Nach der Rastenbachklamm-Wanderung sind wir auf den Geschmack gekommen ab und zu mal eine Wanderung von oben ausgehend zu beginnen.
So wandern wir von Matschatsch ausgehend den Edith-Stein-Weg entlang bis zur Jagerwies, einer Wiese, welche von mächtigen Buchen umrahmt ist. Die prächtigsten Exemplare tragen ein Schild „Naturdenkmal“.
Der Edith-Stein-Weg führt eigentlich gerade aus, doch wir marschieren mit Blick auf den Penegal rund um die Jagerwies herum. Wir wollen über den Jägerwies-Kofel Weg und dann über einen Stichweg zum höchsten Punkt des Gandberges. Der Gandberg (934 m) ist nämlich der Ursprung der Eislöcher. An seiner Ostflanke haben sich verwitterungsbedingt Porphyrschuttmassen gebildet, durch die Windröhren bis hinunter an seinem Fuß (550 m) führen. Durch das Prinzip der Konvektion zieht Warmluft in die Windröhren ein. Diese kühlt sich im Inneren des Berges ab, fällt durch die Röhren bis zum Fuß ab und strömt dort als Kaltluft in eine – und das ist das Besondere der Eppaner Eislöcher – 200 m x 50 m große und 5 m tiefen Mulde. In dieser Senke bleibt, die am Austrittspunkt zwischen Null und neun Grad kühle Luft, liegen. Somit wundert es nicht, dass in der Mulde der Eppaner Eislöcher trotz einer Meereshöhe von 550 m Pflanzen gedeihen, die man sonst nur im Hochgebirge findet. Als Beispiele seien die Rostblättrige Alpenrose, das Alpen-Rispengras, der Alpen-Brandlattich, die Scheuchzers Glockenblume und die Mondraute genannt.
Auf den Gandberg
Doch nun auf zum Ursprung dem Gandberg. Der Jägerwies-Kofel Weg führt an Sommer Heidekraut vorbei. Fast verpassen wir die Abzweigung nach links. Kein Wunder der Pfad ist nicht beschildert, überhaupt schaut der Weg eher nach inoffiziellem Waldweg aus, als nach gekennzeichnetem Wandersteig. Egal, ich mache eine Traktorspur aus, darum machen wir uns keine Sorgen. Wo man auf Gummirädern hinkommt, da kommen auch wir, auf Schuhen hin. Oder doch nicht? Vor uns breitet sich eine Lichtung aus. Der Weg führt mitten durch. Das wäre weiters nicht schlimm, wenn doch nicht das Gras höher und höher und dichter und dichter werden würde; bis zum Punkt da wir uns durchkämmen müssen. Jetzt würden wir dann doch lieber auf einem hohen Trecker sitzen. Weil wir Angst vor Gras haben? Nein Gras macht uns keine Sorgen, aber die kleinen Biester, die sich gerne darin verstecken, jene Krankheiten übertragende Ungeheuer vor denen nicht wenige Schilder in der Gegend warnen, vor denen haben wir schon ein klein wenig Respekt. Obwohl wir Anna reichlich, uns nur bis zu den Beinen mit Zecken-Spray eingesprüht haben, wird es mir, da mir das Gras über dem Kopf hinaus wächst, zu bunt.
Wir kehren um, wandern lieber Querfeldein und versuchen die Lichtung zu umwandern. Das gelingt und wir finden alsdann auch wieder den Steig. Die beste Mami von allen voraus. Plötzlich ein Angstschrei!
Ich: „Wos isch?“
Sie: „A Viech“, und rennt Anna und mir entgegen.
Ich: „A Reh?“
Sie: „Na, des wor koa Reh!“, Angst strotzt aus ihren Augen.
Anna schreit!
Insgeheim fluche ich. Ich hasse es, wenn die Große ihre Angstphobie der Kleinen vorlebt. Das färbt leider stark ab. Bei jedem kleinsten Regentropfen geht Anna in den Panikmodus, weil sie vor Blitz und Donner Angst hat. Jetzt bitte nicht dasselbe mit Rascheln im Gebüsch! Nur, weil ab und zu ein Bär oder Wolf durch Südtirol streift, muss man doch nicht bei Knistern ein Raubtier vermuten.
Ich hätte sicherlich anders reagiert. Ich hätte voller Begeisterung gerufen: „Schau, schau a Reh, a Hirsch, a Fuchs“ oder was auch immer das war. Und Anna hätte nicht vor Angst geschrien, nein sie wäre vor Freude mir entgegen gerannt und hätte gerufen: „Wo, wo?“
Ich behalte meinen Ärger für mich, und versuche Anna einzureden, dass das „Viech“ 100%ig ein Reh war und nehme sie gleichzeitig an die Hand. Das hilft.
Der Steig endet plötzlich im Nirgendwo. Ok, ich erkenne einen Hang der mit Moos bewachsenen Porphyrbrocken durchzogen ist, aber viel mehr ist nicht zu sehen. Enttäuscht kehren wir um.
Kurz vor der Lichtung, wir wollen schon fast wieder Querfeldein abbiegen, rechts ein Traktor breiter Weg. Aha, scheinbar waren wir auf dem falschen Pfad. Zweiter Versuch. Wir müssen eine etwas steilere kurze Passage überwinden. Für uns auf Schuhen kein Problem, für jemand der auf vier Gummiräder da rauf will sicherlich gewagt. Links wieder Sommer Heidekraut. Eine Biegung und plötzlich eine Hütte! Nach der Hütte eine Bank, dahinter ein riesiges Herz-Jesu Herz und nochmals dahinter ein Panoramaausblick der sich wahrlich sehen lassen kann.
Die Eppaner Ortsteile St. Michael, Girlan, St. Pauls und Missian breiten sich unter unseren Füßen aus. Der Weitblick reicht bis nach Bozen mit dem Schlern im Hintergrund, weiter Links zur Sarner Scharte, davor der Salten wo wir vorige Woche waren, dann Ifinger und Hirzer, weiter links die Eppaner Drei Burgen Hocheppan, Boymont, Schloss Korb und über Kreuzstein bis nach Perdonig. Und von Schlechtwetter keine Spur. Herrlich!
So herrlich, dass ich sogar vergesse das Herz-Jesu Herz als Gesamtwerk zu fotografieren.
Hinter der Hütte mit Moos bewachsene Porphyrblöcke.
„Sigsch Anna, do sein ols Klötz aus Stoan, die obr nit wia di Legostoan zusommen passen. Deswegen sein dazwischen olm Löcher. Und wenn so a Loch wia a Roahr bis gonz ban Berg oi geat, donn isch unten a Eisloch, weil do worme Luft eini geat, die im Berg okualt und donn untn kolt ausi kimp.“
Nun, da wir den Ursprungsort der Eislöcher gefunden haben, müssen wir nur noch hinunter um sie auch gefühlt zu erleben. Einfach gerade aus, den Hang des Gandberges hinunter geht nicht, wir müssen den Waldweg bis zur Wiese zurück und dann über den Edit-Stein Themenweg hinunter zum Fuß des Berges.
Ein klein wenig können wir dabei abkürzen. In einer 180 Grad Kurve verlassen wir den Forstweg zu Gunsten eines nicht markierten Steiges und steigen entlang einer Waldböschung in die Zone Englarstein hinunter. Dort treffen wir auf den ursprünglichen Wanderweg und marschieren Richtung Süden direkt zu den Eislöchern.
Die kühlen Eislöcher
Ein Schild „Eislöcher – Bucche di ghiaccio“, dann – wir sind noch nicht in oben erwähnter Mulde am Fuße des Gandberges angelangt – ein merklich kühler Luftstrom. „Eislöcher, Eislöcher“, schreit Anna und zeigt auf ein Loch. Tatsächlich klafft ein Hohlraum zwischen zwei Felsblöcken. Die kühle Luft kommt von da. Sie verliert sich zwar schnell im hier nicht gerade flachen Gelände, aber der Kaltluftstrom ist sehr deutlich zu spüren. Ich bin überrascht. War ich doch zweimal schon bei den Eppaner Eislöchern, doch so deutlich habe ich den Temperaturunterschied noch nie wahrgenommen. Vorfreude kündigt sich an.
Flotten Schrittes wandern wir weiter. „Eislöcher, Eislöcher!“, Anna vermutet hinter jedem Stein ein Eisloch.
Wir schwitzen, klar es ist Sommer. Doch plötzlich wird es rund um uns kühler, bedeutend kühler, so kühl, dass Anna nach dem Fleecepullover verlangt. Ich finde das übertrieben und vertröste sie, dass sie das Pullover weiter vorne auspacken dürfe.
Wie ein grüner Urwald breitet sich die Eislöcher Mulde vor uns aus. Der Unterschied in der Pflanzenwelt ist auch für Laien bemerkbar. Die Temperatur ist gefühlt um 10 bis 15 Grad tiefer als zuvor. Ist zwar ohne Temperaturfühler schwierig exakt zu bestimmen, aber so viel kann ich sagen. Zuvor haben wir geschwitzt, sodass wir am liebsten oben ohne gegangen wären. Jetzt würden wir gerne die Pullover überstreifen. Doch die Senke ist nicht allzu groß. Sobald wir am gegenüberliegenden Ende einige Stufen hochsteigen wird es merklich wärmer. Es ist tatsächlich, wie wenn wir einen See aus Kaltluft durchqueren würden. Cool im englischen Sinne des Wortes.
Zwischen einem Traum in grün, knapp über dem Kaltluftsee lassen wir uns nieder. Brotzeit. Anna will nicht, kein Hunger. Sie will das eine Eisloch suchen, in dem sie vor 2 Jahr gestanden ist. Sie kann sich nicht mehr erinnern wo das genau war. Darum muss der Tati mit.
The Scream
Der Schrei – wer kennt es nicht, das berühmte Bild des norwegischen Malers Edvard Munch, indem er eine Angstattacke verarbeitete, weil er meinte, einen Schrei zu hören, der durch die Natur ging.
Bei Anna bin ich mir nicht so sicher ob der lautlose Schrei ein Verzückungsschrei, ein Kälteschrei oder ein Angstschrei, aus Furcht vor den Geistern der frevelnden Menschen, die in der verschütteten Stadt unter den Eislöchern hausen, ist. Vielleicht eine Mischung aus allem.
Auf jeden Fall will sie nun doch zurück zur Mami. Ob‘s der Hunger, die Kälte oder trotzdem ein klein wenig Furcht ist, weiß ich nicht. Also wieder raus aus dem Kältesee, hinauf zu den grünen Porphyrsteinen. Ein Schluck Wasser, ein Apfel, das reicht.
Rückweg über den Edith-Stein-Weg
Die Sonne steht noch vor den Wolken, da verlassen wir die grüne Zauberwelt. Schade. Es ist einer jener Orte, die man öfters aufsuchen möchte, einfach nur um einzutauchen in einen Hauch von etwas anderem.
Zurück geht es nicht über die selbe Abkürzung, wir wandern hinaus zum Steinegger. Rechts eine Bank mit Eppan-Blick, dann beim Hotel Steinegger eine 180 Grad Kurve und die Forststraße Edith-Stein-Weg hinauf. Eis ist eine beliebte Mountainbikestrecke.
Vor dem Furglauer Bach führt der Furgglauer Steig auf den Penegal hinauf. Ein vakuumierter Zettel hängt am Wegweiser „Aufgrund der allgemeinen Sicherheit ist es strengstens untersagt den Furglauer Steig zu benutzen!“, oder so ähnlich.
Ich: „Boa Anna jetzt hosch Glick kop, mir hobn schun do aui gean gwellt!“
Anna: „Na Tati, du moch lei an Witz!“
Anna weiß, wann ich scherze. Ich hätte heute selbst nicht genug Energie da hinauf zu kommen. Lieber gemütlich den weißgelb markierten Forstweg nach Matschatsch spazieren. Ein Brunnen, zwei Kehren, die Wiese und schon stehen wir wieder am Parkplatz Matschatsch vor der Skulptur von Edith Stein.
„Hey Siri!“
„Edith Stein.“
Edith Stein, Ordensname Teresia Benedicta a Cruce OCD, oder Teresia Benedicta vom Kreuz (* 12. Oktober 1891 in Breslau; † 9. August 1942 im KZ Auschwitz-Birkenau), war eine deutsche Philosophin und Frauenrechtlerin jüdischer Herkunft. Edith Stein wurde 1922 durch die Taufe in die katholische Kirche aufgenommen und 1933 Unbeschuhte Karmelitin. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde sie „als Jüdin und Christin“ zum Opfer des Holocaust. Sie wird in der katholischen Kirche als Heilige und Märtyrin der Kirche verehrt. Teilen der evangelischen Kirche gilt sie als Glaubenszeugin. Papst Johannes Paul II. sprach Teresia Benedicta vom Kreuz am 1. Mai 1987 selig und am 11. Oktober 1998 heilig. Ihr römisch-katholischer und evangelischer Gedenktag ist der 9. August. Sie gilt als Brückenbauerin zwischen Christen und Juden.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Edith_Stein
Aha, darum die weißgelben Markierungen entlang des Weges.
Weil eine Skulptur von Frau Stein unsere Aufmerksamkeit erregt, schlendern wir den Zufahrtsweg zu Schloss Matschatsch hinüber.
Gewaltige, aus Kalifornien importierte, Mammutbäume, die zum 60-jährigen Kaiserjubiläum von Kaiser Franz Josef gepflanzt wurden- selbstverständlich Naturdenkmäler – zeigen imposant gen Himmel. Der Wanderer oder Pilger wird förmlich gezwungen sein Haupt in Richtung Herrgott zu erheben. Wir werden davon auch nicht verschont, doch Anna kommt schnell anderes in den Sinn. Sie will die mächtigen Baumriesen umarmen. Gelingt ihr nicht. Die beste Mami von allen muss mithelfen. Doch auch zu zweit keine Chance die Stämme zu umfassen. Ich geselle mich dazu. Wieder nichts, da fehlen noch gut zwei Erwachsene. Wow, was für Bäume!
Einmal noch rund um das Schlössl, ein Blick hinüber nach Aldein und zur Rotwand, dann verlassen wir Matschatsch, zufrieden wieder einmal vor der Haustür eine sehr interessante und informative Wanderrunde, die wir so noch nie absolviert hatten, gefunden zu haben.
GPS-Track Matschatsch-Gandberg-Eislöcher
Akt. Position: -km, -m
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Eckdaten der Tour
Von Matschatsch zu den Eppaner Eislöcher
- Dauer: 3:20 h
- Distanz: 9,9 km
- Bergauf: 434 m
- Bergab: 431 m
Um welche Art von Tour handelt es sich?
In welcher Region befindet sich die Tour?
Um welche Bergkategorie handelt es sich? Auf welcher Höhe liegt die Tour?
Wie lang ist die Strecke?
Wie streng ist der Aufstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie anspruchsvoll ist der Abstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie viel Zeit werde ich für die Tour brauchen?
Dieser Wert kann individuell stark variieren. Siehe Gehzeitrechner.
Wie viele Kalorien werden bei der Tour verbrannt?
Es ist zu beachten, dass die Berechnung des Kalorienverbrauchs auf Faustformeln und allerlei Annahmen beruht, z.B. Gewicht=75 kg, Kalorienverbrauchsvorgaben für Aufstieg, Abstieg, flach usw. und daher nur eine Schätzung und keine exakte Angabe liefert. Wenn du deinen Kalorienverbrauch selbst berechnen möchtest, dann schau dir diesen Kalorienrechner an.
Gibt es interessante Wegpunkte?
Ja, es gibt interessante Wegpunkte. Hier ist eine Liste:
- Biotop EislöcherHöhe: 570 m ü. d. M.GPS: 46.445453, 11.245902
- Gandberg (934m)Höhe: 934 m ü. d. M.GPS: 46.442771, 11.242297
- Parken7GPS: 46.440046, 11.232297Parken
- Schloss Matschatsch - Castel MatschatschGPS: 46.438516, 11.233449