Ich glaube es kaum. Die beste Ehefrau von allen schlägt den Klettersteig Burrone bei Mezzocorona als Wanderziel vor. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Nach dem Erlebnis Gaetano-Falcipieri-Klettersteig auf dem Pasubio-Massiv hätte ich mir gedacht, dass sie nie wieder einen Klettersteig mitgeht.
„Do bin i friar schon amol gwesen und wor koan Problem.“
Naha dann…
Die Anfahrt ist recht kurz. Von Tramin bis nach Mezzocorona sind es über die Weinstraße nur circa 30 Autominuten. Wir parken auf einem kleinen Parkplatz, der schon ziemlich voll ist. Komisch, sind um diese Uhrzeit schon so viele Wanderer bzw. Kletterer losgezogen? Aha, ein Fischteich liegt direkt neben dem Parkplatz und ein Dutzend Fischer frönen ihrem Angelhobby. Darum also die vielen Autos.
Wenige Meter durch den Wald, über eine nigelnagelneue kleine Holzbrücke, dann entlang eines auch sehr neu aussehenden Drahtseils, und schon stehen wir neben einem eingekesselten Wasserfall vor einer senkrechten Wand.
Klettersteig Burrone
Mit großen Augen steht die beste Ehefrau von allen vor einer, ich schätze mal, 20 m hohen, senkrechten Eisenleiter.
„Naaaa, dei hots zem nit geben!“
Hätte mich auch schwer gewundert, wenn es diese Leiter schon damals gegeben hätte, denn dann wäre dieser Tourenvorschlag sicherlich nicht von ihr gekommen.

Was wird sie jetzt tun? Wird sie hochgehen? Wird es wieder den gleichen „Aufstand“ wie auf dem Falcipieri-Klettersteig geben? Blöderweise müssen wir – wie damals – warten, denn vor uns erklimmt gerade eine größere Gruppe Kletterer die Leiter.
Endlich kommen wir an die Reihe. Die beste Ehefrau von allen natürlich wieder mit Absturzsicherung, also mit Klettergurt und zwei Karabinern. Ich ohne hinten drein. Theoretisch sollte ich Abstand halten, denn wenn sie fällt, dann bleibt sie zwar hängen, aber mich schubst sie unweigerlich in die Tiefe. Es geht aber nicht anders. Der besten Ehefrau von allen Knie vibrieren leicht, beim Umhacken der Karabiner stellt sie sich so schusselig an, dass ich Angst habe, sie hängt sich nicht korrekt ein. Es hilft nichts, ich muss ganz nahe hinterhersteigen und ihr die Karabiner bei jedem Stift umhängen. Zusätzlich drücke ich meine Wange an ihre Waden, sodass sie sich etwas beruhigt. Das hilft sogar, das Vibrieren wird schwächer. Langsam, aber stetig geht es voran. Zweimal müssen wir von einer Leiter auf die nächste umsteigen. Ist aber nicht sonderlich schwierig, da die Leitern direkt anschließen. Die mittlere, lange Leiter ist effektiv senkrecht, die erste und letzte, beide etwas kürzer, sind leicht geneigt.
Oben angekommen bin ich mächtig stolz. Sie hat es geschafft. Super, jetzt geht es sicherlich bis ganz hinauf, denn ich glaube nicht, dass sie die Leiter wieder runter will.
An dieser Stelle möchte ich kurz Folgendes klarstellen: Es ist nicht so, dass ich die beste Ehefrau von allen zwinge, irgendwo hinaufzuklettern, wenn es über ihre Möglichkeiten geht. Es ist nur schlicht und einfach so, dass sie eine kleine Phobie vor Leitern hat, obwohl sie einen technisch dreimal so schwierigen Kamin ohne Angst hinaufkommen würde. Frei stehende Felsen mit Tiefblick sind aber ein kleines Problem.
Nach der Leiter geht es ein klein wenig ausgesetzt nach rechts. Von unten führt augenscheinlich ein zweiter Steig, der die Leiter umgeht, herauf. Wir hätten uns also die Leiter ersparen können. Bloß wo war der zweite Einstieg? Gesehen haben wir ihn nicht.

Weiter führt uns die Burrone-Durchquerung mit einfacher Kletterei bzw. über Gehpassagen bis zur Klamm hinauf. Wir müssen gebückt, ja fast kriechend, in die kühle Klamm hineinsteigen.

Imposant sit die Schlucht, die über unseren Köpfen nur einen schmalen Spalt offenhält. Nun heißt es, über Eisenbügel die linke Felswand hochklettern. Das geht bei der besten Ehefrau von allen viel leichter als die Eisenleiter. Oben über ein 5 m langes Brett wieder ins Bachbett in die Schlucht hinein, wo die beste Ehefrau von allen sich vor einem Bildstock bekreuzigt. Man sieht ihr die Erleichterung an. Sie denkt scheinbar, wenn hier ein Bildstock steht, dann muss der schwierigste Teil vorbei sein.
So ist es auch. Wir wandern jetzt durch die Schlucht, fast wie durch einen Tunnel, hindurch. Alsdann treten wir ins Freie und steigen entlang des Baches bis zu einem gewaltig hohen, aber ruhigen, Wasserfall empor. Ruhig, weil sein Wasser nicht tosend in die Tiefe stürzt, sondern leise an der Felswand herunterrinnt.
Bis zum Ausstieg treffen wir noch auf ein, zwei schräge Leitern, welche aber angesichts ihres Neigungswinkels keine große Hürde für die beste Ehefrau von allen darstellen.
Landschaftlich gewaltig, wunderschön und absolut sehenswert, so würde ich den Aufstieg über die Via Ferrata Burrone Giovanelli bezeichnen. Schwierigkeitsgrad 2, die erste senkrechte Leiter, die man aber umgehen kann, vielleicht 3.
Baita dei Manzi
Die Baita dei Manzi (876 m) erweist sich als Waldlichtung mit zwei Gebäuden, aber keiner Bewirtschaftung. Was nun? Hinüber nach Monte oder über die Strada delle Longhe zurück zum Ausgangspunkt? Wir entscheiden uns für eine dritte Variante: über den Steig Nr. 506 zum Baito Aiseli (1.416 m), dann über den Bergsteig Nr. 500 hinunter nach Monte.

Zuerst durch dichten Wald, über einen laubbedeckten Waldsteig, dann zunächst leicht ansteigend, dann stärker und anschließend aussichtsreicher, wandern wir am Fuße des steil aufsteigenden Pontal bzw. Bodrina (1.671 m) bis zum Baito Aiseli auf 1.416 m hinauf.
Auf halbem Weg breche ich komplett ein. Ich habe wahrscheinlich aufgrund des fehlenden Frühstücks und Mittagessens und des vergessenen Proviants (wir haben nur 3 Äpfel mit) eine Unterzuckerung. Noch wahrscheinlicher ist, dass 3 Gläser Rotwein bei der Grillfeier am Vorabend wahrscheinlich zu viel des Guten waren. 😉
Baita Aiseli
Wie auch immer, jetzt stehen wir auf einer Lichtung vor einer extrem verlotterten, innen fast ausgebrannten, Hütte, dem Baito Aiseli. Wir halten uns nur kurz auf, um die Äpfel zu verputzen, und wandern dann in nordöstlicher Richtung wenige Meter leicht ansteigend zum Bergrücken „Formigara“ hoch, bevor wir dann steil durch den Wald in südlicher Richtung absteigen.
Ich bin immer noch ziemlich wackelig auf den Füßen, und so passiert es das erste Mal, dass nicht die beste Ehefrau von allen sich Sorgen bzgl. Gefährlichkeit des Weges macht, sondern ich. Der in unserer Kompass Wanderkarte eingezeichnete schwierige Wald- bzw. Bergweg ist nicht umsonst punktiert eingezeichnet. Steil, an ein, zwei Stellen ausgesetzt, geht es über den rutschigen, sandigen Pfad, durch die steil abfallende Felswand in Richtung Monte hinunter.
Zum Glück ist das gefährliche Stück (ich halte so einen Weg für viel gefährlicher als z. B. den zuvor passierten Klettersteig!) bald überstanden. Nun geht es am Fuße der Felswand der Formigara weiter südlich, dann in Serpentinen bis zum Forstweg (Plon, 1.000 m) hinunter, welcher uns direkt nach Monte führt.
Monte
Monte ist für die Einwohner von Mezzocorona sicherlich so etwas Ähnliches wie die Mendel für die Traminer und Kalterer: ein Sommerfrischort. Wenn nicht Wolken die Sicht versperren würden, hätte man von hier einen wunderbaren Ausblick auf die Brenta Dolomiten mit Mulmar (2.418 m), Monte Bedolè (2.214 m), Monte Corona (2.562 m), Cima della Sporata (2.440 m), Cima Borcola (2.392 m), Cima Trettel (2.90 m), La Rocca (2.496 m), Cima di Val Strangola (2.343 m).

Die beste Ehefrau von allen genehmigt mir das Einkehren im Albergo „3 Cime“, sodass ich meinen Blutzuckerspiegel mit Polenta mit Pilzen anheben darf.
Nach Speis und Trank und nach einem kurzen Mittagsschläfchen machen wir uns auf zur Bergstation der Seilbahn Monte di Mezzocorona, wo man wiederum einen tollen Ausblick genießen kann. Dieses Mal auf die Dörfer Mezzocorona, Mezzolombardo, S. Michele all’Adige, auf die Stadt Trient und auf die Berggipfel Monte Bondone (2.091 m) und Paganella (2.114 m).

Nach einigem Hin und Her entscheiden wir uns, zu Fuß nach Mezzocorona abzusteigen. Die Entscheidung war goldrichtig. Der Steig Nr. 500 bietet nämlich wunderschöne Ausblicke auf das Etschtal in nördlicher Richtung zur Salurner Klause.
Bei der Talstation der Bergbahn angekommen, müssen wir noch circa 2,5 km die Straße entlang bis zu unserem Ausgangspunkt zurückwandern, was angesichts der wenig befahrenen Nebenstraße bzw. Weinbergstraße überhaupt kein Problem darstellt.
Der Burrone Giovanelli Klettersteig ist als Klettersteig nicht sonderlich schwierig (Schwierigkeitsgrad 2, vielleicht 3), wenn man schwindelfrei ist und keine Phobien hat. Er ist nicht sehr lang, bietet zwar wenig Talblick und Ausblicke auf die umliegende Bergwelt, dafür umso mehr Einblicke in eine imposante Schlucht und in die wunderschöne Naturlandschaft rund um den Burrone Bach. Zu beachten ist, dass es eine schwierigere Variante mit einer senkrechten Eisenleiter gibt. Dieser Wanderbericht beschreibt genau diese Variante.
Karte mir GPS Track Klettersteig Burrone – Baito Aiseli – Monte – Mezzocorona
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Eckdaten der Tour
Klettersteig Burrone Giovanelli bei Mezzocorona
- Dauer: 7:55 h
- Distanz: 12,3 km
- Bergauf: 1.210 m
- Bergab: 1.195 m
Um welche Art von Tour handelt es sich?
In welcher Region befindet sich die Tour?
Um welche Bergkategorie handelt es sich? Auf welcher Höhe liegt die Tour?
Wie lang ist die Strecke?
Wie streng ist der Aufstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie anspruchsvoll ist der Abstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie viel Zeit werde ich für die Tour brauchen?
Dieser Wert kann individuell stark variieren. Siehe Gehzeitrechner.
Wie viele Kalorien werden bei der Tour verbrannt?
Es ist zu beachten, dass die Berechnung des Kalorienverbrauchs auf Faustformeln und allerlei Annahmen beruht, z.B. Gewicht=75 kg, Kalorienverbrauchsvorgaben für Aufstieg, Abstieg, flach usw. und daher nur eine Schätzung und keine exakte Angabe liefert. Wenn du deinen Kalorienverbrauch selbst berechnen möchtest, dann schau dir diesen Kalorienrechner an.
Gibt es interessante Wegpunkte?
Ja, es gibt interessante Wegpunkte. Hier ist eine Liste:
- Klettersteig LeiterHöhe: 328 m ü. d. M.GPS: 46.228939, 11.096589
- WasserfallHöhe: 458 m ü. d. M.GPS: 46.231533, 11.10051729-AUG-10 10:10:51
- Località MonteHöhe: 894 m ü. d. M.GPS: 46.225467, 11.121200















































DIE BURRONE SCHLUCHT WAR EINFACH GENIAL !!!!!!!!!
Finde ich auch 😉
Die Bilder sind einfach toll!! Möchte nächste woche den Burrone Giovanelli gehen.Bin begeistert!
Danke fürs Kompliment 🙂
Was für ein toller Bericht! So herzerfrischend geschrieben!
Es ist eine ordentlich anstrengende Tour (wie es mir erscheint).
Die Bilder sind sehr beeindruckend und wunderschön!!!
Grüße, Biene