Eine gemütliche Nachmittagsrunde mit Besichtigung des Roccolo del Sauch und einem Sprung in den Lago Santo. So zumindest der Plan: Die Rundwanderung ist mithilfe der Alpenvereinaktiv-App entworfen worden, der Startpunkt ist der Parkplatz Lago Santo. Das klingt doch nach einem runden Programm. Die Mädels sind überredet, die Messe ist vorbei – also los!

Anfahrt über Faedo
Eine Anfahrtsplanung braucht es nicht, dafür hat man ja den Routenplaner. Der will uns allerdings schon vor St. Michele all’Adige über eine Abkürzung nach Faedo hochlotsen. Dem traue ich nicht und fahre lieber bis St. Michele, biege dort links ab und kurve Richtung Faedo. Bei den Molini di Faedo will der elektronische Lotse schon wieder links – und weil ich hier noch nie war und mich somit nicht auskenne, folge ich ihm blind. Prompt wird die Straße steiler, enger, immer enger – und plötzlich stehen wir vor einem Weinbergweg. Na bravo! Also kehrt Marsch, zurück auf die SP58 und weiter nach Faedo.
Das überaus schmucke Dorf verführt mit bunten Fassaden schon beim Durchfahren. Am liebsten würde ich anhalten und einen Spaziergang durch die Gassen machen. Aber der Nachmittag ist kurz, die Lago-Santo-Wanderung wartet. Bei Pineta, einer Fraktion von Faedo, die für ihren Müller-Thurgau bekannt ist, heißt es wieder links abbiegen: Fontanelle di Faedo. Doch dahinter: Durchfahrtsverbot! Der Routenplaner würde uns dreist da durchjagen. Kommt nicht in Frage. Zum Glück steht hier nicht nur das Verbotsschild, sondern es gibt auch ein Parkplatz. Also parken wir und planen die Wanderung um: Zuerst hinauf zum Roccolo del Sauch, dann weiter zum Lago Santo und zum Schluss zurück zum Auto.
Aufstieg zum Roccolo del Sauch
Der Aufstieg zum Passo della Croccola erfolgt über den breiten Steig Nr. 409. Dabei handelt es sich um eine Schotterstraße, die sowohl zum Rifugio Sauch als auch zu etlichen kleinen, weit verstreuten Steinhütten führt. Der Weg ist schattig und wenig spektakulär. Auf dem Pian della Cros steht ein Kreuz und der Weg ist ab hier sogar mit Natursteinen gepflastert. Nach gut zwei Kilometern erreichen wir den Passo della Croccola. Nach wenigen Schritten leicht abwärts liegt sie vor uns: die eigentümliche Pflanzenarchitektur, der Roccolo del Sauch.

Fast wie die Ringmauer einer Burg erhebt sich das grüne Bauwerk, durchbrochen von großen „Gucklöchern“.
Geschichte und Besonderheit der Roccoli
Was sind eigentlich Roccoli?
Roccoli sind im Alpenraum (v. a. Lombardei, Trentino, Venetien) verbreitete, kunstvoll angelegte Vogelfanganlagen aus Buchen oder Hainbuchen, die in Kreisen oder Hufeisenform geschnitten und verflochten wurden.
In der Mitte liegt meist eine freie Wiese; rundherum führte eine dichte grüne Galerie aus Bäumen und Sträuchern, in die feine Fangnetze eingespannt waren. Lockvögel oder akustische Reize brachten Zugvögel dazu, auf der Wiese zu landen und beim Auffliegen in die Netze zu geraten.
Sie dienten vom 16. bis ins 20. Jh. der Jagd auf Singvögel, waren auch Statussymbole reicher Familien und sind heute kulturhistorische Zeugnisse. Der Fang wurde in Italien erst 1968 landesweit verboten. Heute werden viele Roccoli als Naturdenkmäler, Vogelbeobachtungsstellen oder Lehrpfade genutzt.
Aha!
Das Gelände des Roccolo del Sauch ist zwar Privatbesitz, aber frei zugänglich. Wir blenden die dunkle Vergangenheit aus und lassen uns von der grünen Galerie verzaubern. Es erinnert ein wenig an das Gartenlabyrinth von Schloss Rosegg, das wir erst vor zwei Monaten besucht haben. Natürlich nur irgendwie, denn das Roccolo diente einem anderen Zweck. Es ist schön ruhig hier. Overtourismus gibt es hier nicht.
Ein paar Schritte weiter liegt das Rifugio Sauch. Hier ist schon mehr los, doch von Überfüllung keine Spur. Von hier fällt das Steinhausertal nach Salurn hinab. Wahrscheinlich wären wir von dort ebenso schnell hier gewesen – ein längerer Fußmarsch und eine kürzere Autofahrt. Das merken wir uns fürs nächste Mal.
Weiter zum Lago Santo
Heute kehren wir jedoch um und biegen nach dem Roccolo links auf den Weg Nr. 409A zum Lago Santo ab. Der Wanderweg bleibt breit und steigt nur sanft an. Einmal wechseln wir auf einen schmaleren Pfad, der uns steiler hinauf zu einem weiteren Forstweg bringt, bis zum Biotop Lagabrun.
Wir übersehen einen Wegweiser und schlendern auf der Forststraße weiter bis zur Provinzstraße 96 hinaus. Zurück also, den richtigen Abzweig gefunden: Steig Nr. 414, „Lago Santo“. Immer wieder passieren wir kleine Steinhütten, die alle nach dem gleichen Muster gebaut sind: Schrägdach, Steinverkleidung. Vor manchen stehen Autos, denn die Forstwege werden offenbar gern als Zufahrt zum Wochenendhaus genutzt. Es wirkt fast wie die Mendelregion für Traminer und Kalterer, nur weitläufiger und baulich strenger geregelt.
Rechts taucht ein aufgelassener Reitparcours auf. Er gehörte wahrscheinlich zu „Happy Ranch“, einem Pub und Reitgelände im Westernstil. Nach einem letzten kurzen Anstieg glitzert er vor uns: der Lago Santo.
Am Lago Santo
Die Parkplätze sind voll, aber am See ist erstaunlich wenig los. Wahrscheinlich sitzen die meisten im Gasthaus Albergo Alpino oder sind selbst auf Wanderung. Im Vergleich zu vor 14 Jahren fällt uns auf: Das Schilf ist dichter geworden und am Ufer steht ein Kiosk, sogar ein Steg mit Bademeister ist vorhanden.

Natürlich zieht es uns dorthin. „Anna, gehen wir schwimmen?“ – „Na, die Schwimmhosn isch im Auto“, entgegnet die beste Ehefrau von allen. „Warum im Auto? Ich hon di bam startn gfrog und du hosch gsogt sie isch mit!“, knurre ich. „Jo, ob i hon gmoant fürs Schwimmbod in Tramin“ – Super. Also nur die Zehen ins Bergseewasser. Schade, denn inzwischen lacht die Sonne vom Himmel.
Legende zum Heiligen See
Man erzählt sich, dass dort, wo heute der Heilige See ruht, einst fruchtbares Land lag. Doch dieses Stück Erde brachte Zwietracht: Erben stritten so heftig darum, dass einer im Zorn ausrief, es solle sich in einen See verwandeln. Kaum war der Fluch ausgesprochen, begann das Wasser unaufhaltsam zu steigen und drohte das Dorf zu verschlingen. In ihrer Not zogen die Menschen von Cembra gemeinsam zum Ort des Geschehens. Der Pfarrer, getragen vom Glauben, nahm den Ring der Madonna und warf ihn in die grollenden Fluten. Da senkte sich plötzlich Ruhe über das Wasser – und der See blieb zurück, still und geheimnisvoll, bis heute.
Rückweg durch die Wälder
Wir genießen eine halbe Stunde lang das Ufer, dann brechen wir auf. Zunächst vervollständigen wir die Seerunde und werfen dann noch einmal einen Blick auf den Steg, auf dem wir gerade noch gelegen sind. Danach suchen wir uns einen alternativen Rückweg. Ich finde einen auf OpenStreetMap – und das ist hier wirklich keine Kunst. Die Karte ist übersät mit Wegen und Pfaden. Doch Vorsicht: Das Stück, das wir nun beschreiben, ist kein offizieller Wanderweg und entsprechend nicht beschildert. Da es unzählige Abzweigungen gibt, empfiehlt es sich, mit GPS-Unterstützung zu gehen. Ohne Gerät ist die Gefahr groß, sich zu verlaufen.

Anna möchte zuvor noch einen Blick in die Happy Ranch werfen. Also schlagen wir einen Bogen, bevor wir den gestrichelten Linien auf OpenStreetMap folgen. In einer weiten Schleife passieren wir immer wieder einzelne Steinhütten, den Blick stets auf das GPS gerichtet, bis wir schließlich die Strada Provinciale 96 Lago Santo queren.
Zu bedenken:
Der Weg selbst ist zwar harmlos: meist breite Zufahrtsstraßen zu den Hütten, dazwischen kurze Übergänge über ausgetretene Pfade. Es geht stetig durch Wald, nur selten öffnet sich eine Lichtung – und fast immer hockt dort eine Hütte.
Aber weil die Wege nicht beschildert sind und sich Verzweigungen häufen, verläuft man sich leicht. Ob einzelne Passagen über Privatgrund führen, lässt sich nicht eindeutig sagen. Wir haben jedenfalls keine Verbotsschilder entdeckt. Nach meinem Wissen gilt in Italien: Solange kein Schild mit „Privato“ oder „Divieto di accesso“ den Zutritt untersagt und kein Zaun den Weg sperrt, wird das Wandern auf vorhandener Pfaden in der Regel toleriert.
Dieser Bericht beschreibt lediglich unsere persönliche Erfahrung und stellt keine Aufforderung zum Nachwandern dar. Wer den Weg dennoch begehen möchte, tut dies auf eigene Verantwortung.

Gefühlt marschieren wir querfeldein durch die Wälder der „Plü scrua“, bis wir auf die Provinzstraße 96 nach Lago Santo stoßen. Ihr folgen wir rund 300 Meter bis ans Ende einer Wiese, wo wir rechts in den offiziellen Wanderweg Nr. 414 einbiegen. Nun geht es leicht bergab, immer dem 44er-Steig nach. Auch hier lauern Abzweigungen, doch dank der Markierungen bleibt man sicher auf Kurs.
Das letzte Stück hinab bis zum Parkplatz oberhalb von Pineta ist ein steiler, ausgewaschener Lochweg. Dann haben wir es geschafft: zurück am Ausgangspunkt.
Die Heimfahrt führt uns erneut über Faedo.
Faedo – eine kleine Gemeinde im Trentino – klebt wie ein Schwalbennest oberhalb von San Michele all’Adige an den Hang. Das Dorf duckt sich in enge Gassen, lehnt sich mit seinen Steinhäusern an die sonnenverwöhnten Rebhänge zwischen Etschtal und Cembratal und öffnet dem Blick großzügig die Bühne über Mezzocorona und Mezzolombardo.
Die Geschichte Faedos riecht nach Mittelalter: alte Mauern, kleine Kapellen, zerzauste Reste von Befestigungen erzählen davon. Und doch ist es nicht das Vergangene, das den Ort berühmt macht, sondern die Landwirtschaft.
In den gepflegten Weingärten wachsen Teroldego, Müller-Thurgau und andere Trauben, die hier so selbstverständlich gedeihen wie Kräuter im Fensterbrett.
Heute lockt Faedo als Ausgangspunkt für Wanderungen – mit Wegen, die sich wie Bänder durch den Wald ziehen und zu Balkonen hoch über dem Etschtal oder hinüber ins Cembratal führen.
So klein das Dorf auch ist, es atmet noch Gemeinschaft. Abseits der großen Verkehrsadern bewahrt es eine Ruhe, die beinahe altmodisch wirkt – ein Geschenk für Wanderer, die Ursprünglichkeit, Natur und Kultur in einem Atemzug suchen.
Doch heute ist es spät geworden. Der besten Ehefrau von allen noch einen Abstecher ins Dorf aufzubürden, wäre unklug. Also bleibt der Spaziergang aufgeschoben. Stattdessen kritzle ich mir eine gedankliche Notiz: Faedo – unbedingt einmal zu Fuß erobern.
Karte mit GPS-Download der Roccolo und Lago Santo Wanderung
Akt. Position: -km, -m
↓ download GPX
Eckdaten der Tour
Rundwanderung Roccolo del Sauch und Lago Santo
- Dauer: 4:15 h
- Distanz: 12,9 km
- Bergauf: 550 m
- Bergab: 547 m
Um welche Art von Tour handelt es sich?
In welcher Region befindet sich die Tour?
Um welche Bergkategorie handelt es sich? Auf welcher Höhe liegt die Tour?
Wie lang ist die Strecke?
Wie streng ist der Aufstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie anspruchsvoll ist der Abstieg (Länge, Höhenmeter, Steigung)?
Wie viel Zeit werde ich für die Tour brauchen?
Dieser Wert kann individuell stark variieren. Siehe Gehzeitrechner.
Wie viele Kalorien werden bei der Tour verbrannt?
Es ist zu beachten, dass die Berechnung des Kalorienverbrauchs auf Faustformeln und allerlei Annahmen beruht, z.B. Gewicht=75 kg, Kalorienverbrauchsvorgaben für Aufstieg, Abstieg, flach usw. und daher nur eine Schätzung und keine exakte Angabe liefert. Wenn du deinen Kalorienverbrauch selbst berechnen möchtest, dann schau dir diesen Kalorienrechner an.
Gibt es interessante Wegpunkte?
Ja, es gibt interessante Wegpunkte. Hier ist eine Liste:
- Fontanelle di Faedo (760) (Ortsbezeichnung)Höhe: 761 m ü. d. M.GPS: 46.199613, 11.172795
- Happy Ranch (Restaurant)Höhe: 1.193 m ü. d. M.GPS: 46.197660, 11.203265Happy Ranch (Restaurant) Località Lago Santo 38034, Cembra Lisignago, Provincia di Trento, ITA +39 0461 683518
- Lago Santo (See, Teich)Höhe: 1.194 m ü. d. M.GPS: 46.195879, 11.208308
- ParkenHöhe: 768 m ü. d. M.GPS: 46.199806, 11.173074
- Passo della Crocola (948)Höhe: 961 m ü. d. M.GPS: 46.212959, 11.191850
- Pian della Cros (Hist. Wegkreuz)Höhe: 828 m ü. d. M.GPS: 46.204355, 11.180477
- Rifugio Lago SantoHöhe: 1.212 m ü. d. M.GPS: 46.197231, 11.205561
- Rifugio Sauch (950)Höhe: 900 m ü. d. M.GPS: 46.215920, 11.194339
- Roccolo del Sauch (Garten)Höhe: 924 m ü. d. M.GPS: 46.214783, 11.192257Roccolo del Sauch (Garten) Giovo, Provincia di Trento, ITA