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Vulkan-Bergtour auf den Ätna

Kaum am Parkplatz bei der Seilbahn Ätna – ja genau heute stehen wir auf sizilianischen Boden – werden wir schon vom ersten Akquisiteur „überfallen“.

Sizilien, Ätna

In unserem Fall eine Frau, macht es recht geschickt. Sie fragt uns, ob wir uns auskennen, ob sie uns helfen kann, uns hier am Ätna zu orientieren. Obwohl ich im Vorfeld ein wenig recherchiert hatte und einen Plan habe, lassen wir uns aufklären.

Mein Plan geht nicht auf. Die Akquisiteurin behauptet, dass man mit der Seilbahn (50 Euro pro Person) zwar auf 2.500 hinauf fahren könne, sich aber dort nicht alleine bewegen dürfe, sondern einen Wanderführer brauche oder sich von 4×4 Fahrzeugen weiter hinaufbringen müsse. Ich hatte recherchiert, dass man sich bis auf 2.800 Höhenmeter alleine bewegen dürfe. Sie verneint und weist auf eine Verordnung hin.

Wir sind etwas irritiert. Sie nutzt das aus, um uns eine geführte Quad-Tour anzubieten. Anna ist sofort Feuer und Flamme, doch wir Erwachsene können uns mit einer Ätna Befahrung nicht so richtig anfreunden Schließlich ist ein Vulkan ein Berg, der bestiegen und nicht befahren werden will!

Wir entscheiden uns trotzdem, zuerst mit der Seilbahn hochzufahren. Kaum fünf Schritte Richtung Seilbahn gegangen, spricht uns wieder ein Akquisiteur – dieses Mal ein junger Mann – an. Ich will ihm mitteilen, dass wir bereits aufgeklärt wurden. Da fällt mir die beste Ehefrau von allen ins Wort und fragt, ob er zu der Dame von vorhin gehöre. Er verneint und versucht uns von derselben wegzulotsen.

Es ist seinem Charme und seiner sympathischen Ausstrahlung zu verdanken, dass wir uns von ihm nochmals aufklären lassen. Er sagt so ziemlich das Gleiche, nur versucht er uns in Richtung geführte Wanderung zu lenken.

Er fragt von wo wir kommen und da wir Südtirol antworten, entgegnet er voller Freude, dass er in Alta Badia jeden Winter als Pistenfotograf arbeite.

Wir haben für eine mehrstündige geführte Vulkan-Bergtour unsere Bedenken, weil wir nicht wissen, wie intensiv die Wanderung werden wird, ob mein angerissener Meniskus das mitmachen wird und ob das Vulkan-Trekking mit unseren Turnschuhen machbar sei.

Die Zweifel werden schnell ausgeräumt. Wir bekämen Bergschuh zur Verfügung gestellt und neue Socken, die könnten wir behalten, Helme, eine kleine Jause und wenn wir wollen, sogar Trekking-Stöcke. Das Ganze koste nur 100 Euro pro Person, wobei die 50 Euro für die Seilbahn da schon inklusive wären.

Die Entscheidung fällt einstimmig. Alle drei wollen wir den Ätna erwandern.

Prompt werden wir für unsere Entscheidung beglückwünscht. Außerdem teilt man uns mit, dass wir großes Glück haben, weil heute eine ausgesprochener schöner, klarer Tag sei, den es hier in dieser Form selten gebe.

Die passenden Bergschuhe sind schnell gefunden und angezogen. Meine Füße jubeln! Sie sind nämlich ausgesprochene Turnschuhhasser. Die geliebten Bergschuhe durften aufgrund Größe und Gewicht nicht mit ins Flugzeug. Ich muss den gesamten Urlaub mit Turnschuhen bestreiten. Eine Qual für Fußballen und Zehen. Nun in den Ätna-Bergschuhen fühle ich mich pudelwohl. Die beste Ehefrau von allen hingegen jammert. Zu ungewohnt, zu schwer! Anna wiederum ist begeistert. Nicht wegen der Schuhe, weil sie in wenigen Minuten den Ätna erklimmen darf. Einer ihrer Träume geht in Erfüllung.

Wir schon bei unserer letzten Bergtour auf die Fanes zum „Parlament der Murmeltiere“ wahrscheinlich auch dieses Mal ihre kindliche Fantasie eine ganz besondere, gewaltige, Lava überströmte Utopiewelt ausmalen. Hoffentlich wird sie nicht enttäuscht sein!

Sie ist es, die trotz der 2-stündigen Anfahrt von unserem Urlaubsort darauf bestanden hat, unbedingt den Ätna zu erklimmen.

Wir müssen 20 Minuten warten. Währenddessen kommen circa 30 Ätna-willige Wanderer zusammen.

Ätna Crateri Barbagallo

Es geht los. Die Seilbahn befördert uns sehr langsam auf 2.500 m ü. d. M. hinauf. Vor der Bergstation starten 4×4 Gelände-Busse. Wir benutzen sie nicht!

Unser Bergführer lotst uns von der Staubwolke dieser Ätna-Sandalen-Touristen-Beförderungsgefährte weg und erklärt uns die Besonderheiten des sizilianischen Vulkans.

Der Ätna ist Europas höchster aktiver Vulkan. Der letzte Ausbruch war erst vor 25 Tagen, wir werden an seinem Lavastrom vorbeiwandern. Er ist insofern recht zahm, als dass er im Gegensatz zu den anderen Vulkanen Europas, die mit großer Kraft und Druck in explosionsartigen Eruptionen ausbrechen, „nur“ effusiv ausbricht. Aufgrund des geringen Kieselsäureanteils ist die Lava des Ätna basisch und fließt relativ dünnflüssig. Dadurch können die in ihr enthaltenen Gase entweichen und bauen keinen Überdruck auf, der sich in einer Explosion entladen könnte. Außerdem fließt sie ruhig und langsam. So können Lavagrotten entstehen. Das geschieht, wenn die Oberfläche von Lavaströmen schnell abkühlt, während die Lava im Inneren noch abfließt. Tunnel, die eine Länge von mehreren hundert Metern erreichen, sind aufgrund dieses speziellen Phänomens am Ätna keine Seltenheit.

Zusätzlich hat die langsam fließende Lava den Vorteil, dass wir Vulkan Besucher den Vulkanberg viel sicherer genießen können.

Einen Vulkan stellt man sich mit einem einzigen großen Krater vor. Der Vesuv in Neapel sei so ein Vulkan. Nicht so der Ätna. Er ist in dem Sinne nicht ein einzelner Vulkan, sondern ein weitläufiges Vulkangebiet, in dem immer wieder neue Krater entstehen.

Der Bergführer voraus, Anna an seinen Fersen klebend hinterher, dahinter eine Schlange von Wanderern von circa 30 Personen. Abseits der offensichtlichen Routen – es hat Vorteile, mit einem Ätna-Bergführer unterwegs zu sein – stapfen wir den schwarzen Berg hinauf.

Zuerst kurz, steckt sich mit jedem Höhenmeter die Schlage der Wanderer wie eine Ziehharmonika auseinander. Irgendwann ist der letzte “Mann“ nicht mehr zu sehen.

Der Bergführer muss anhalten. Wir warten bis alle 30 um ihn herum stehen.

Er erklärt uns – wie zuvor auf Englisch; wir sind eine bunt gemischte Sprachtruppe – dass das Lavagestein Gestein zu 90% aus Silikaten besteht. Der Rest sind diverse Metalle wie z.B. Aluminium, Kupfer ja sogar Spuren von Silber und Gold kann man in den Ätna Gesteine entdecken. Da das so unterschiedlich ist, werden wir verschiedenste Farben sehen.

Nun müssen wir die Helme aufsetzen.

Weiter geht es zum Lavastrom von vor 25 Tagen. Ein zwei Meter breiter natürlich entstandener Spalt, führt uns quer, etwas ansteigend durch den erstarrten Lavastrom hindurch. Toll! Diesen Lavastrom-Spalt hätten wir ohne Wanderführer nie im Leben gefunden. Am Ende des Spalts kraxeln wir der Reihe nach aus dem Lavastrom heraus.

An einer etwas ausgehöhlten Stelle dritt heißer Dampf aus. An einer anderen Stelle bricht unser Wanderführer einige Felsbrocken aus dem zerklüfteten Strom heraus. Wir dürfen sie angreifen. Oha nicht warm, nein heiß. Wow! Auch diese beiden Stellen hätten wir alleine nicht gefunden. Die Führung erweist sich als Glücksgriff!

Wir erfahren, dass aufgrund der niedrigen Temperatur der Lava des Ätna Lavaströme mit rauer Oberfläche entstehen. Wäre die Lava heiß, wie z.B. die Lava der Vulkane auf Hawaii, würden spiegelglatte Lavaströme entstehen. Interessant!

Weiter marschieren wir spiralförmig um den kegelförmigen Aufbau des Barbagallo-Kraters empor. Steil, schwarz, weich und locker wie Kiesel ist der Untergrund.

„Da ist Schnee darunter“, klärt uns der Wanderführer auf. Wir können es nicht glauben. Er kratz die oberste schwarze Lava-Kieselschicht weg. Tatsächlich. Die Lavagesteinsschicht schützt Schnee vor der Sonne.

Bald ist der höchste Rand des oberen Barbagallo-Kraters geschafft.

Auf dem Rand des oberen Barbagallo Kraters

Die beiden Barbagallo-Krater sind während des Ausbruchs von 2002/2003 entstanden. Sie wurden nach Vulkanführer Vincenzo Barbagallo benannt.

Nochmals bestätigt der geprüfte Bergführer, dass wir heute mit dem Wetter unverschämtes Glück haben. Es gebe hier nämlich selten Tage, an denen man Kalabriens Berge sehen und ohne Windschutzjacken stehen kann.

Außer dem Blick Richtung Kalabrien und hinunter über die zahlreichen Krater bis an die sizilianische Meeresküste, erfreuen wir uns vor allem am Anblick des rauchenden Südöstlichen Gipfelkraters, der mit seinen 3.357 m ü. d. M. zur Zeit (ein Vulkan hat keine konstante Höhe) den höchsten Punkt des Ätna darstellt.

blank
Anna, Anni, Sizilien, Wandergruppe, Ätna

Am höchsten Kraterrand wird es langsam eng. Die 4×4-Busse schaffen massenweise Sandalenbesucher herauf. Sie strömen am Kraterfuß aus den Fahrzeugen und schwadronieren vorbei an der Torre del Filosofo die letzten wenigen Meter zum Kraterrand herauf. Ich erinnere mich an unseren Urlaub in der Schweiz, als wir mühselig, mit den groben Bergschuhen auf die Cimetta hinaufgestiegen sind und uns oben dann gewundert haben, dass wir am Gipfel plötzlich von Sandalenträgern umringt waren. Dort gab es zwar keine Allrad-Busse, aber eine Seilbahn, die auf den Gipfel führte.

Wir halten uns für eine kurze Mittagspause auf und verzehren unsere Jause. Ein faustgroßer Stein rollt zuerst langsam, wird dann immer schneller und springt schließlich mit Schwung den Hang, an dessen Fuß wir erst zuvor entlanggewandert sind, hinunter. Jetzt wissen wir, warum wir Helme tragen müssen.

Es ist schon komisch hier. Irgendwie hat man nicht das Gefühl einen mächtigen 3.000er geschafft zu haben. Ok, der Barbagallo Krater ist zwar nur 2.930 m hoch, aber um den Ätna entsprechend zu würdigen und weil es ein Leichtes wäre, von hier aus, die 3.000 Marke zu überschreiten (null Schwierigkeiten, ganz anders als in den Alpen) lasse ich diese Vulkan-Tour in der Kategorie der 3.000ern mitspielen.

Für den Abstieg erwartet uns ein ganz besonderes Erlebnis. Wir dürfen über den extrem steilen Südhang hinab schlittern. Bei uns in den Alpen wäre ein gleich steiler Abstieg lebensgefährlich. Hier auf dem Ätna mit dem extrem losen Lavakiesel-Untergrund, der uns knöcheltief, wie in Schnee, einsinken lässt, ist der Abstieg ein Heidenspaß. Einziger Wermutstropfen: Die Bergschuhe füllen sich in Nullkommanix mit Steinen, sodass es der Steig zu einem herausfordernden Barfußpfad mutiert.

Unser Bergführer ist cool drauf. Obwohl in der 30 Personen starke Wandergruppe sowohl ältere Herrschaften als auch kleine Kinder mit dabei sind, schlittert er ohne große Bedenken und ohne einmal stehen zu bleiben voraus den Hang hinunter. Anna natürlich an seinen Fersen klebend hinterher. Sie will immer die erste hinter dem Führer sein! Anfangs hat ein 30-jähriger Pole noch versucht ihr diese Position streitig zu machen. Der ist jedoch an das falsche Tiroler Madln geraten.

Ich will Anna nicht ohne Elternbegleitung den steilen Hang hinunterteufeln lassen und muss schauen, dass ich hinterherkomme. Keine Zeit, um auf die ängstlichste Ehefrau von allen zu achten. Das Töchterchen geht vor!

Am Fuße des Kraters angekommen, sind die letzten unserer Gruppe noch auf halben Weg. Die Spanier mit ihren beiden Kleinkindern haben zu kämpfen. Verständlich!

Uns bleibt massig Zeit, aus den Bergschuhen Berge von erkalteten Magma-Kieselsteinen zu schütten.

Valle del Bove – eine wunderschöne Caldera

Die nächste faszinierende Station auf unserer Vulkanexkursion erwartet uns: ein Aussichtspunkt, der den Blick hinab in das Tal „Valle del Bove“ ermöglicht. Das weitläufige Tal-Becken hat seine Ursprünge vor 64.000 Jahren, als die Eruptionszentren Trifoglietto I und Trifoglietto II, die Vorläufer des Ätna, kollabierten. Durch den Zusammenbruch dieser beiden Krater entstand eine Caldera (Kesselkrater) von beeindruckenden Ausmaßen, mit einer Tiefe von 1 km und einer Breite von 5 km. Das Valle del Bove ist eine Lava-Wüste mit isolierter Vegetation und somit ein besonderer Hingucker.

Weiter geht es zu einem Krater, der kein Krater ist. Das Vulkanloch vor unseren Augen ist durch Implosion entstanden. Auch solche falschen Krater gibt es hier auf dem höchsten aktiven Vulkangebiet Europas.

Unsere Vulkan-Bergtour neigt sich dem Ende zu.

Wir erreichen die Bergstation der Seilbahn. Leider zieht der Fahrscheinautomat das Ticket ein. Wir hätten es gerne als Erinnerung behalten. So kommen wir ohne Erinnerungskarte, aber dafür mit einer kleinen Handvoll Erinnerungslavakieselsteinen an der Talstation der Ätna Seilbahn an.

Karte mit GPS Track Crateri Silvestri

GPX-Track , Position: -km, -m GPX

50 100 150 200 5 10 15 distance (km) elevation (m)
Name: Keine Daten
Entfernung: Keine Daten
Minimalhöhe: Keine Daten
Maximalhöhe: Keine Daten
Differenz max/min: Keine Daten
Höhengewinn (~): Keine Daten
Höhenverlust (~): Keine Daten
Dauer: Keine Daten

Fotos Ätna Vulkan-Tour zu den Crateri Barbagallo

Ätna Crateri Silvestri

 

 

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